Das Ausgeizen von Tomaten hat mir meine Mama beigebracht. Bei den zwei Cocktailtomaten im Kübel auf dem Balkon unserer alten Wohnung war das Ausgeizen auch immer kein Problem. Aber jetzt mit 20-30 Tomatenpflanzen verschiedener Sorten in Gewächshaus, Tomatendach, Freiland und in Kübeln übersieht man doch schnell mal einen Geiztrieb und in Null-Komma-nichts hängen an dem Trieb Früchte, die man eigentlich nicht mehr entfernen möchte. Vor allem Fleischtomaten bilden manchmal an den komischsten Stellen Geiztriebe – da kommt man als Gartenanfänger schnell mal in die Bredouille, welchen Trieb man jetzt weg nimmt und welchen man stehen lässt. Hier zeige ich euch mit ein paar Bildern, wie meine Mama und ich es handhaben.
Außerdem habe ich in letzter Zeit einige interessante Informationen zum Thema Ausgeizen gelesen, die ich hier zusammengestellt habe.
Warum ausgeizen?
Das Ausgeizen hat zwei Hauptgründe:
- Die Tomaten sollen Energie in die Bildung von Blüten und Früchten stecken und nicht in die Bildung von Blattmasse. Durch das Ausgeizen erhöht man den Ertrag.
- Durch das Ausgeizen bleiben die Tomaten schlanker. Sie trocknen schneller ab und an alle Pflanzenteile kommt genug Licht. Dadurch ist die Gefahr geringer, dass sich die Pflanzen mit Pilzkrankheiten wie der Braunfäule infizieren.
Es müssen übrigens nicht alle Tomatensorten ausgegeizt werden. Bei Busch- und Wildtomaten ist der Ertrag am höchsten, wenn man sie nicht ausgeizt.
Mustergeiztriebe
In den folgenden Bildern seht ihr ein paar Geiztriebe wie aus dem Bilderbuch: direkt in den Blattachseln und eindeutig als Geiztrieb zu erkennen. Ab dieser Größe lassen Sie sich auch super von Hand ausbrechen. Sind die Geiztriebe noch zu klein, lasse ich sie noch 2-3 Tage stehen, dass man sie besser greifen und ausbrechen kann. Im unteren Bild sind ein paar größere Geiztriebe, die man aber auch noch problemlos von Hand ausbrechen kann.
Ist der Geiztrieb schon so groß, dass er sich nicht mehr von Hand ausbrechen lässt, lasse ich ihn weiterwachsen, bis sich der erste Blütenstand gebildet hat und kappe den Trieb dann.
Bodentriebe
Auch wenn die Tomatenpflanze schon ca. 1m groß ist und man bereits einige Geiztriebe entfernt hat, kann es sein, dass die Tomatenpflanze von ganz unten noch einen Trieb bildet. Wenn man es zu spät merkt, sieht das so aus, als ob zwei Tomatenpflanzen aus einer Wurzel wachsen würden (Bild rechts). Beide Triebe haben schon Fruchtstände ausgebildet, die man nicht mehr entfernen möchte. Hier überlege ich mir welcher Trieb der schwächere ist und kappe davon nur die Spitze, dass der Trieb nicht mehr weiter wächst. Die Tomaten daran reifen trotzdem aus. Eine Tomatenpflanze kommt problemlos mal mit 2-3 Trieben zurecht, wenn sie ausreichend Nährstoffe und Platz zur Verfügung hat. Die zusätzlichen Triebe müssen natürlich auch gestützt werden.
Ich finde als Hobbygärtner baut man Tomaten an, weil man Spaß am Gärtnern hat und schmackhafte Früchte ernten möchte. Ob dabei ein paar Tomaten mehr rauskommen oder die Tomaten größer sind ist doch egal. Man ist auch so stolz auf seine Ernte. Also macht euch keinen Stress, wenn ihr einen Geiztrieb mit Tomatenansätzen hängen lasst, obwohl er für einen möglichst hohen Ertrag eigentlich weg sollte. Ihr werdet trotzdem viele Tomaten ernten.
Auf der Suche nach dem Haupttrieb…
Vor allem meine lieben Fleischtomaten bilden gerne mehrere Triebe. Oft ist nicht sofort erkennbar welcher der Haupttrieb ist. Hier lasse ich erstmal beide Triebe stehen und nach der ersten Blüte habe ich dann die Qual der Wahl: Ein Trieb wird gekappt, der andere darf stehen bleiben und weiter wachsen.
Haben sich an der Spitze mehrere Triebe gebildet (Bild unten links), dann warte ich mit dem Ausgeizen noch ein paar Tage und hoffe, dass der Haupttrieb dann erkennbar ist. Falls nicht, entscheide ich mich für einen Trieb, der weiter wachsen darf. Die anderen werden gekappt.
Hier ist ein weiteres Beispiel, wo Tomaten einen Geiztrieb ausbilden: im Anschluss an einen Fruchtstand (genau hinsehen: an der rechten Frucht nach oben). Hier habe ich die Triebspitze gekappt, dass er nicht weiter wächst.
Rund ums Ausgeizen und die Tomatenpflege
- Ausgeizen sollte man am besten vormittags und bei gutem Wetter, dass die Wunden schnell verheilen. So ist das Risiko geringer, dass Krankheitserreger in die Pflanze kommen.
- Je kleiner der Geiztrieb desto kleiner die Wunde, die beim Ausgeizen entsteht, und desto kleiner das Risiko, dass darüber Krankheitserreger in die Tomatenpflanze gelangen. Deshalb sollte man die Geiztriebe auch nicht mit einem Werkzeug, wie z.B. einem Messer, entfernen. Es könnten Krankheitserreger an dem Messer sein.
- Aus einer Blattachsel können mehrere Geiztriebe wachsen, d.h. man sollte auch bereits ausgegeizte Bereiche der Tomatenpflanze absuchen.
- In der Regel reicht es einmal in der Woche auszugeizen. Ist allerdings Wachstumswetter (regenfeuchter Boden und warm) kann es nicht schaden alle 2-3 Tage nach seinen Pflanzen zu sehen. Dann ist es auch nicht so schlimm, wenn man mal einen Geiztrieb übersieht.
- Geiztriebe können auch nützlich sein, wenn man beim Anbinden oder Wickeln um den Spiralstab aus Versehen den Haupttrieb abgebrochen hat. Einer der oberen Geiztriebe, insofern noch vorhanden, kann den neuen Haupttrieb bilden.
- Hat man schon früh im Jahr (bis Mai) größere Geiztriebe, kann man diese wie einen Steckling in Wasser stellen. Mit etwas Glück bildet er Wurzeln und man hat eine neue Tomatenpflanze, die zwar etwas später, aber dennoch einen Ertrag bringt.
- Es gibt noch so allerhand andere Möglichkeiten, die ausgebrochenen Geiztriebe weiterzuverwenden. Ich lege sie als Mulch zwischen meine Kohlpflanzen: der Tomatenduft soll helfen, Kohlschädlinge fern zu halten. Man kann sie auch zu Jauche verarbeiten und als Dünger verwenden.
- Durch Ausgeizen kann man den Ertrag an Tomaten erhöhen. Die Tomatenblüten befruchten sich selbst. Der Wind schüttelt die Pflanze, der Blütenstaub wird verteilt und die Blüten werden befruchtet. Vor allem in geschützten Bereichen ohne Wind, wie im Gewächshaus, ersetzt das „Bewegen“ der Pflanzen beim Ausgeizen den Wind.
- Von der Blüte bis zur reifen Frucht dauert es ca. 2-3 Monate. Man kann deshalb bereits im August alle Triebe kappen, weil die Blüten, die danach noch entstehen, bis zum ersten Frost sowieso keine reifen Früchte mehr ausbilden werden. So verwendet die Tomatenpflanze ihre Kraft in die Reifung der vorhandenen Früchte.
- Ab Ende Juni, wenn sich die ersten Früchte gebildet haben, kann man anfangen die unteren Blätter der Tomate zu entfernen. Vor allem Blätter, die auf den Boden hängen, haben eine erhöhtes Infektionsrisiko mit Braunfäule. An die Tomatenpflanzen kommt auch wieder mehr Luft und die Blätter können besser abtrocknen. Man sollte natürlich nicht zu viele Blätter auf einmal entfernen (max. 2-3), weil die Tomatenpflanze ihre Blätter nach wie vor braucht, um Photosynthese zu betreiben und um weiter zu wachsen.
Eine letzte interessante Information, auf die ich gestoßen bin, ist, dass man Tomaten nicht zu viel gießen sollte, da sie sonst eher wässrig werden. Man soll am besten nur einmal wöchentlich und dafür viel Gießen (5-10l/ Pflanze). Das spart Arbeit, die Pflanzen wurzeln tiefer und kommen besser mit Trockenheit zurecht.