Frust und Freude im Juni

Frust und Freude liegen oft nah beieinander. Oft sind Frust und Freude abhängig von der Tagesform. Ist man gut gelaunt, erfreut man sich an allem Schönen und über die Rückschläge kann man hinwegsehen. Ist man hingegen gestresst und nicht gut drauf, übersieht man alles Schöne und ist umso mehr frustriert wegen allem, was nicht klappt. So ging es mir in der zweiten Juni-Hälfte. Ich wurde ungeduldig, weil einiges nicht so gut gewachsen ist wie gedacht, und dem was gewachsen ist, haben die Schnecken nachts zugesetzt. Zusätzlich hatten fast alle Kohlpflanzen irgendetwas…nur was? Das erfahrt ihr in diesem Beitrag. Angefangen hat mein Problem nämlich schon im Mai…

Viel Arbeit im Mai

Im Mai ist viel zu tun im Garten. Gemüsebeete müssen vorbereitet, Pflanzen abgehärtet und gepflanzt werden.

März und April sind bei mir dieses Jahr hauptsächlich für die Anlage von Staudenbeeten vor und neben dem Haus draufgegangen. Das meiste, was mit Gemüsebeeten zu tun hatte, stand dann im Mai an. Letztes Jahr war es ähnlich, aber da hat mir die ganze Arbeit irgendwie nichts ausgemacht. Aber was war dieses Jahr anders?

Letztes Jahr war Anfang Mai meine Mama eine Woche zum Helfen da… und Ende Mai nochmal ein Wochenende. Zusätzlich hat die andere Oma auf Max aufgepasst. Dieses Jahr musste ich im Mai alles alleine machen, weil Oma und Opa im Urlaub waren. Daran habe ich bei meiner Planung nicht gedacht. Zusätzlich war Max auch noch eine Woche krank.

Deshalb hatte ich dieses Jahr meist nur Zeit für den Garten, wenn Max seinen Mittagsschlaf gemacht hat. Das waren dann ca. 1-1,5 Stunden – oft in der Mittagshitze. In einer Stunde bekommt man leider nicht sehr viel geschafft, die Zeit rennt einem davon und man ist gestresst. Aufhören war für mich aber keine Option. Was ich angefangen habe, bringe ich auch zu Ende.

Was lerne ich daraus? Ohne Hilfe geht es nicht und zu zweit macht es auch mehr Spaß. Nächstes Jahr darf ich mir nicht so viel vornehmen oder muss vorher abklären, wie viel Hilfe ich bekomme. Nächstes Jahr werde ich auf jeden Fall auf größere Gartenumgestaltungsmaßnahmen und Beetanlagen verzichten. Mit dem Ziel den Garten mehr genießen zu können und nicht allem hinterher rennen zu müssen.

Probleme im Juni

Letztes Jahr war der Garten im Juni/Juli ein Selbstläufer. Durch den vielen Regen musste nicht viel gegossen werden. Alles ist schön gewachsen. Ich konnte viel ernten und das abendliche Schnecken Sammeln war zwar nervig, hat mir aber nicht allzuviel ausgemacht.

Schnecken

Der nasse letzte Sommer macht sich jetzt bemerkbar. Die Schneckenpopulation ist explodiert. Anfang Juni waren wir eine Woche im Urlaub. Fünf Abende, an denen keine Schnecken abgesammelt wurden. Ein Teil der Kartoffel war fast komplett abgefressen und auch der Kohl hat stark gelitten.

Kohl und Kartoffeln sind wohl die Leibspeise der Schnecken (links). Einen Brokkoli (mitte), auf dem mal so viele Schnecken waren, will man nicht mehr essen. Vor dem Kompost hatte ich Stangenbohnen und Kürbis (rechts). Letztes Jahr hat das gut geklappt. Dieses Jahr sind es so viele Schnecken, da habe ich die Pflanzen, die vor dem Kompost gepflanzt waren, aufgegeben.

Kohltriebrüssler

Schon Mitte Juni ist mir aufgefallen, dass die Blätter der Kohlpflanzen irgendwie komisch ausschauen und der Kohl auch nicht mehr wirklich gewachsen ist. Anfang Juli habe ich dann mal genauer hingeschaut und kleine Käfer entdeckt: der Kohltriebrüssler

  • am Kopf ein Rüssel
  • heller Punkt am Rücken
  • rostrote Fußglieder
  • ca. 2,5-3mm groß

Im Hausgarten scheint der Kohltriebrüssler kein allzu häufig gesehener Gast zu sein. Zumindest findet man im Internet eher auf landwirtschaftlichen Seiten Informationen über den Kohltriebrüssler. Bevorzugt tritt er in Rapsfeldern auf, richtet dort aber anscheinend keinen allzu großen Schaden an. Im Hausgarten sieht das etwas anders aus: bei Kohl beschädigt der Kohltriebrüssler die Triebspitzen oder zerstört das Herz der jungen Pflanzen, Kohlrabi können aufplatzen.

In unseren Garten ist der Kohltriebrüssler sehr wahrscheinlich dieses Frühjahr aus den nahegelegenen Rapsfeldern eingeflogen. Die Larven hatte ich wahrscheinlich unbemerkt in Radieschen und Mairüben. Die fertigen Käfer haben dann im Juni ziemlich jede Kohlpflanze in meinem Garten befallen. Vor allem beim Brokkoli habe ich einen Totalausfall, beim Spitzkohl warte ich den Juli nochmal ob, ob er weiterwächst. Ich habe die Hoffnung, dass der Kohltriebrüssler bald seinen Reifungsfras beendet und sein Winterquartier aufsucht.

Der Kohltriebrüssler überwintert im Laub von Hecken und Waldrändern, bis die Temperaturen im März über 12°C steigen. Dann wird der Kohltriebrüssler aktiv und fliegt in die Rapsbestände ein. Dort frisst er 10-14 Tage, bis er insgesamt ca. 100 Eier in kleinen Gruppen in die Blattstängel und Stiele der Rapspflanze legt. Die Larven schlüpfen nach 5 Tagen und fressen im Inneren der Pflanze. Anfang Juni verpuppen sie sich im Boden. Anfang Juli, zur Zeit der Rapsernte, schlüpfen die Käfer und fressen an Kreuzblütlern, bis sie ihr Überwinterungsquartier aufsuchen.

Doch was kann man gegen den Kohltriebrüssler tun? Im Hausgarten bleibt einem wohl nichts anderes übrig als ab der Aussaat die Kohlpflanzen abzudecken oder spät zu pflanzen, wenn der Kohltriebrüssler schon wieder weg ist. Als Nützlinge sind Schlupfwespen, Laufkäfer und räuberische Fliegen zu nennen. In der Landwirtschaft kann über Gelbfangschalen der Zuflug der Kohltriebrüssler geprüft werden und ab einem entsprechendem Befall gespritzt werden. Die Bekämpfung bringt aber nur vor der Eiablage etwas.

Was mache ich jetzt? Lohnt es sich überhaupt Kohl anzubauen? Er braucht verhältnismäßig viel Platz, laugt als Starkzehrer den Boden aus und es haben viele Schädlinge auf ihn abgesehen (Schnecken, Kohlweißlingsraupen, Kohlfliegen, Kohltriebrüssler…). Ganz auf Kohl bzw. Kreuzblütler möchte ich nicht verzichten. Aber Kohlanbau im großen Stil macht für mich auch keinen Sinn. Mal schauen wie viel Kohl ich nächstes Jahr noch anbauen werde.

Weitere Rückschläge

Leider ist es nicht nur bei Schnecken und Kohltriebrüssler geblieben.

  • Die Schlangengurke im Gewächshaus hat schon Mehltau.
  • In einem Teil der Himbeeren sind Maden des Himbeerkäfers.
  • Mal abgesehen davon, dass die Auberginen nicht keimen wollten, hat sich dann eine meiner Auberginenpflanzen auch noch als starkwüchsige Tomate entpuppt, die scheinbar den Paprika die Nährstoffe weg nimmt. Die Paprika im Gewächshaus wachsen nämlich irgendwie nur sehr langsam.
  • Der Anbau von Möhren soll einfach sein? Das kann ich nicht bestätigen. Kaum gekeimt ist alles schon wieder weg. Ich habe Schnecken im Verdacht. Auch eine zweite Aussaat später im Jahr war erfolglos. Ich hatte wegen den höheren Temperaturen auf ein schnelleres Wachstum gehofft, die Schnecken waren aber schon wieder schneller.
  • Kohlrabis wollen bei mir auch nicht funktionieren. Entweder bilden sie gar keine Knollen oder die Knollen platzen schnell auf. Und hat sich doch eine schöne Knolle gebildet, haben die Schnecken nichts besseres zu tun als ein Loch reinzufressen. Bei anderen klappt das doch auch. Warum also bei mir nicht?
  • Besonders ärgerlich ist es, wenn man sich um seine Pflanzen kümmert und dann fällt die Haupternte genau auf den Zeitpunkt, wann man im Urlaub ist. So war es dieses Jahr mit den Erdbeeren und ich befürchte für unseren Sommerurlaub im August ähnliches mit den Tomaten.

Wo bleibt der Spaß?

Also ganz so schlimm ist es doch nicht. Wie ihr seht, konnte ich schon einiges ernten, und wenn ich zum Ernten durch den Garten schlendere, ist schnell mal eine Stunde rum. Meine Erwartungen waren hoch und da ist die Enttäuschung groß, wenn nach all der Arbeit doch nicht alles so klappt wie gewünscht.

Das paradoxe daran ist, dass man sich am Ende am meisten an den Sachen freut, die sich selbst ausgesät haben, z.B. Dill und Borretsch. Aus Borretsch kann man übrigens ein leckeres Pesto machen.

Fazit

Aufgeben?

Zeit zum Beobachten und genießen hatte ich bisher kaum. Ich hatte das Gefühl ständig irgendetwas zu bekämpfen und Pflanzen retten zu müssen. Dabei fällt es schwer auch die vielen schönen und erfolgreichen Dinge zu sehen.

Vor ein paar Tagen hätte ich den Kampf mit den Schnecken um die Kartoffeln fast aufgegeben. Es waren einfach so viele Schnecken, ich konnte nicht mehr alle absammeln. Da kam Rettung. Mein Mann hatte Sorgen um seine Kartoffelernte der Bamberger Hörnle und hilft seitdem beim Schnecken sammeln. Jetzt geht es doppelt so schnell und ist nur noch halb so schlimm. Beim Entlarven des unbekannten Kohlschädlings war mein Mann auch eifrig dabei und schon war der Kohltriebrüssler nicht mehr so schlimm.

Es tut einfach gut, nicht immer alleine mit den alltäglichen Gartenarbeiten und -problemen dazustehen: Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude.

Dieses Jahr halte ich jetzt noch durch. Nächstes Jahr muss ich umdenken. So kann das nicht im Sinne der Permakultur sein. Gärtnern mit der Natur muss einfacher gehen.

Umdenken

Mein Ziel in den nächsten Jahren ist es mehr mehrjähriges Obst und Gemüse anzubauen, z.B. grüner Spargel oder ewiger Kohl. Außerdem werde ich schauen, dass sich v.a. Kräuter und Blumen, z.B. Dill und Borretsch, durch Selbstaussaat erhalten. Die Pflanzen keimen, wann und wo es ihnen gefällt. Mir spart das Arbeit und die Pflanzen fühlen sich wohl.

Die Hauptarbeit im Garten fällt im Frühjahr an, wenn die Pflanzen wieder aufwachen und im Herbst, wenn sie sich in den Winter verabschieden. Zu diesen Zeiten muss ich nächstes Jahr schauen, dass ich mir Hilfe organisiere, so dass ich 1-2 Tage im Garten ohne Max schaffen kann. Mit einem Kind, das vorwiegend Unsinn im Kopf hat und sich nicht selbst beschäftigen kann, ist Gartenarbeit einfach schwierig.

Das wohl Schwierigste wird sein, sich eine Strategie gegen die Schnecken zu überlegen. Ein paar Schneckenkrägen habe ich schon gekauft. Vielleicht probiere ich es doch mal mit einem Schneckenzaun? Damit werde ich mich Winter beschäftigen.

Außerdem muss ich meine Gemüseauswahl überdenken. Muss ich wirklich alles selber anbauen, v.a. im Bezug auf Kohl? Brokkoli, Blumenkohl und Co. kann man ja auch einfach auf dem Markt kaufen. Ich möchte mich eher auf Gemüse konzentrieren, das schnell wächst, wenig Platz braucht, viel Ertrag bringt und/ oder kaum Schädlinge hat. Außerdem gibt es so viele Gemüsearten und -sorten zu entdecken, die von den Einkaufsregalen verschwunden sind, weil sich der Erwerbsanbau nicht lohnt oder die Nachfrage fehlt. Im Hausgarten kann man alles mal ausprobieren.

Dieses Jahr habe ich versucht einiges schon recht früh zu säen, um schon im Juni viel zu ernten. Ich konnte bereits im Mai/ Juni einiges ernten, hatte mir aber mehr erhofft. Ich bin ziemlich oft auf den Kanälen von Garten-YouTubern unterwegs, die mit viel Technik (z.B. Pflanzenleuchten) bereits im Juni viel ernten können. Davon habe ich mich mitreisen lassen. Im Endeffekt hat mich das nur gestresst. Statt möglichst früh viel anzubauen, versuche ich erstmal, die Ernteperiode im Herbst zu verlängern und auch im Winter ernten zu können..

Zum Umdenken hat mich auch folgendes Video vom Kanal „SelfBio“ gebracht: Kann ich mich aus meinem Garten selbst ernähren? Ich werde in meinem Garten nie alles was wir an Obst und Gemüse brauchen, selber anbauen können. Warum mache ich mir also den Stress und versuche von allem ein bisschen anzubauen. Vielleicht macht es für mich mehr Sinn, sich auf das zu konzentrieren was einfach geht und versuche, nur einzelne Gemüsesorten in der Menge anzubauen, dass sie für uns ausreichen (z.B. Salat, Schwarzwurzeln oder rote Beete). Oder ich entscheide mich jedes Jahr für ein anders Gemüse, das ich in größeren Mengen anbaue. Dann wird es auch einfacher den Fruchtwechsel einzuhalten.

Ich bin neugierig was die nächsten Monate und Jahre noch bringen. Ich lerne gerade viel über meinen Garten, die Umgebung und über mich. Erfahrungen sammeln und offen sein für neues, das ist etwas positives und lässt mich zuversichtlich in die Zukunft blicken. Verhungern werden wir ja zum Glück nicht, auch wenn im Garten mal etwas schief läuft.

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