Direktsaat, Anzucht oder Setzlinge?

Welche Gemüsearten und wie viel davon ich dieses Jahr anbauen möchte, habe ich schon im Rahmen meiner Anbauplanung festgelegt. Bei der Auswahl der Gemüsesorten für die Saatgutbestellung habe ich mir auch schon überlegt, was ich selber säe und was ich an Setzlingen zukaufe. Jetzt steht noch die Frage aus, was ich vorziehe und was ich direkt ins Beet säe. Deshalb beschäftigt sich dieser Beitrag mit der Fragestellung: Direktsaat, Anzucht oder Setzlinge?

Säen oder Setzlinge?

Sich selber den Aufwand machen und säen oder doch lieber in die Gärtnerei gehen und Setzlinge kaufen? Bei manchen Gemüsearten klärt sich diese Frage von selbst, weil sie direkt ins Beet gesät werden müssen. Das sind in der Regel schnellwachsende Gemüse und Wurzelgemüse, wie z.B. Radieschen, Schwarzwurzeln und Karotten. Bei vielem anderen muss man sich entscheiden. Für mich ist der Hauptgrund für das selber Säen die enorme Sortenvielfalt, die man beim Saatgut zur Verfügung hat und die Möglichkeit dann zu säen, wenn man wieder Setzlinge braucht und Platz hat.

Eingeschränkte Sortenauswahl und Verfügbarkeit von Setzlingen

Es gibt Gärtnereien, die eine große Sortenvielfalt und Bio-Setzlinge anbieten. Auch in den Baumärkten steigt die Sortenvielfalt und das Angebot an Biopflanzen. Bei uns im Baumarkt stehen die Pflanzen sehr dunkel und haben letztes Jahr nicht wirklich schön ausgesehen. Hier möchte ich keine Setzlinge kaufen. Die nächste Bio-Gärtnerei ist 30km von uns weg. 60km nur für ein paar Pflanzen zu fahren ist mir zu weit. Versand möchte ich meinen Setzlingen auch nicht antun. Also bleibt mir nur die Gärtnerei, die quasi auf meinem Arbeitsweg liegt und nur eine begrenzte Auswahl an Standard-Sorten anbieten, die nicht selbst gezogen wurden. Ich gehe davon aus, dass ein Teil der Setzlinge aus Hybrid-Saatgut gezogen worden sind, aber das nehme ich in Kauf. Die dort angebotenen Gemüsearten und Sorten sind für den normalen Hobbygärtner, der hauptsächlich im Mai Setzlinge kauft, natürlich ausreichend. Für mich nicht:

  • Bei den Paprika gab es bisher nur die Sorten: rote, gelb, orange Blockpaprika. Bei den Tomaten gab es auch kaum Auswahl. Deshalb säe ich Tomaten und Paprika lieber selbst.
  • Bei den Auberginen wusste man nie, welche Sorte man bekommt. Wird die Aubergine rund oder länglich? Ist sie freiland- und topfgeeignet? Deshalb werde ich dieses Jahr auch Auberginen selber säen.
  • Ein weiteres Problem, das ich festgestellt habe, ist, dass die gewünschten Setzlinge bereits ausverkauft sind oder nicht geliefert wurden. Vorletztes Jahr waren die Melonensetzlinge Mitte Mai bereits ausverkauft. Letztes Jahr habe ich zwei Wochen hinterher telefoniert, bis sie endlich kamen. Ein Grund für mich Melonenpflanzen dieses Jahr selbst vorzuziehen.
  • Irgendwann sind die im Mai gepflanzten Gemüse abgeerntet und dann? Auf unserem Wochenmarkt ist immer donnerstags eine Gärtnerei, die den ganzen Sommer über Setzlinge anbietet. Allerdings muss ich Donnerstag Vormittag arbeiten. Da ist es dann doch einfacher den Sommer über selber nach zu säen.

Schneller Erfolg durch Setzlinge

Kauft man Setzlinge bis Mai, erspart man sich die Anzucht im Haus. Man muss sich keine Gedanken über optimale Keim- und Wachstumsbedingungen machen (Licht und Temperatur). Und es kann echt lange dauern (mehrere Wochen), bis die Pflänzchen so groß sind, wie die Setzlinge in der Gärtnerei. Sind die Setzlinge gepflanzt, sieht man schon den ersten Erfolg – es steht einiges im Beet. In der Regel wachsen die Setzlinge dann schnell weiter zu schönen Gemüsepflanzen und je nach Gemüseart kann schon bald geerntet werden. Wenn nicht z.B. Schnecken oder Kohlweißlinge dazwischen funken.

Wegen diesem schnellen Erfolg möchte ich aktuell nicht komplett auf Setzlinge verzichten.

Veredelte Setzlinge

Bei veredelten Setzlingen wurde eine robuste Veredelungsunterlage mit einer Edel-Gemüsepflanze verbunden. Durch die Kombination ist die Pflanze weniger anfällig für Krankheiten. Die Pflanze liefert mehr Ertrag in besserer Qualität. Gegen veredelte Setzlinge spricht der hohe Preis der Setzlinge und die Tatsache, dass eine Vermehrung über Saatgut nicht möglich ist. Außerdem können auch veredelte Tomatenpflanzen die Braunfäule bekommen. Weitere Gemüsearten, die gerne veredelt werden, sind Melonen und Gurken. Mit den veredelten Gurken habe ich letztes Jahr im Gewächshaus sehr gute Erfahrungen gemacht, deshalb werde ich dieses Jahr wieder veredelte Gurkensetzlinge kaufen.

Die Kostenfrage

Natürlich ist Saatgut günstiger als Setzlinge, aber man darf den Aufwand für die Anzucht im Haus auch nicht außer Acht lassen: Säen, Keimbedingung einhalten, ggf. Pikieren, gute Wachstumsbedingung einhalten, draußen abhärten, pflanzen. Mir macht es Spaß den Pflanzen beim Wachsen zuzuschauen, deshalb nehme ich den Aufwand zumindest für einen Teil der Gemüsearten auf mich.

Setzlinge für z.B. Salat, Kohl, Sellerie haben bisher ca. 30ct/Stück gekostet. Bei den geringen Menge an Setzlingen dieser Art (ca. 40 Stück), die ich brauche, kann ich mir das gut leisten. Vor allem wenn mir die Sorte egal ist, ich nur wenige Setzlinge brauche und eh vorhabe sie Mitte Mai zu pflanzen.

Setzlinge für Tomaten, Paprika, Auberginen, Zucchini, Kürbis und Melone können mit teilweise über 5€/ Stück schnell ins Geld gehen. Deshalb und wegen der Sortenvielfalt säe ich diese Gemüsearten selber.

Robustheit von Setzlingen

Oft weiß man nicht, wo und wie die Setzlinge gezogen wurden. Sie wurden vermutlich schnell und unter optimalen Bedingungen hoch gezogen. Das fördert nicht gerade die Robustheit. An die Klimabedingungen in meinem Garten sind sie vermutlich auch nicht angepasst. Außerdem kann es durchaus passieren, dass man sich durch Setzlinge Krankheiten wie die Kohlhernie oder auch Schneckeneier in den Garten holt.

Hat man die Möglichkeit Biosetzlinge zu kaufen, sind diese bestimmt robuster als Nicht-Biosetzlinge. Das Saatgut wurde biologisch vermehrt. Die Mutterpflanze musste sich gegen Schädlinge und Krankheiten zur Wehr setzen. Über ihr Saatgut gibt die Mutterpflanze dieses Know-how an ihre Nachkommen und somit die Setzlinge weiter.

Anzucht oder Direktsaat?

Es gibt Gemüsearten, die muss man vorziehen. Manche möchten dabei nicht pikiert werden. Bei anderen macht nur eine Direktsaat Sinn. Aber bei vielen Gemüsearten macht sowohl Anzucht als auch Direktsaat Sinn. Wofür man sich letztendlich entscheidet, hängt von den eigenen Vorlieben und Möglichkeiten ab.

Bitte direktsäen

Wie bereits oben erwähnt gibt es Gemüse, von denen man kaum Setzlinge bekommt, weil es einfach besser ist, sie direkt ins Beet zu säen. Radieschen zum Beispiel sind so schnell erntereif (1-2 Monate), da lohnt sich eine Anzucht überhaupt nicht. Bei Schnittsalat ist das finde ich ähnlich.

Wurzelgemüse wie Karotten, Schwarzwurzel und Pastinaken mögen es nicht, an der Pfahlwurzel, die ja später geerntet wird, verletzt zu werden. Sie reagieren, dann sehr wahrscheinlich mit verzweigten, krummen Wurzeln.

Bitte vorziehen

Wärmeliebende Pflanzen, bei denen es lange dauert bis sie die ersten reifen Früchte hervorbringen, müssen bei uns vorgezogen werden. Sonst hat man vor dem ersten Frost, wenn überhaupt, nur eine sehr geringe Ernte. Paprika und Auberginen reifen erst 5-6 Monate nach der Aussaat. Bei Tomaten geht das mit 4-5 Monaten bis zu den ersten reifen Früchten etwas schneller. Deshalb werden Paprika und Auberginen in der Regel auch 2-4 Wochen vor den Tomaten gesät.

Bitte nicht pikieren

Zucchini vier Wochen nach der Aussaat

Kürbisgewächse mögen es nicht, wenn sie an den Wurzeln beschädigt werden. Deshalb können Gurken, Kürbis, Zucchini und Melone zwar vorgezogen werden, sollten aber nicht pikiert werden. Da die Kürbisgewächse nur 3-4 Monate bis zur Reife brauchen, reicht eine Voranzucht Mitte April und sogar eine Direktsaat ab Mitte Mai ist möglich. Kürbis, Zucchini und Melone ziehe ich dieses Jahr vor, weil das ohne großen Aufwand möglich ist. Gurken wären auch möglich, aber da ich letztes Jahr mit den veredelten Setzlingen so erfolgreich war, kaufe ich dieses Jahr wieder Setzlinge.

Selbst versamen lassen

Ganz im Sinne der Permakultur ist es, wenn man Pflanzen selber versamen lässt, so wie es in der freien Natur auch geschieht. Besonders gut kann das bei Kräutern (z.B. Borretsch, Kerbel, Bohnenkraut), Blumen (z.B. Sonnenblumen) und Blattgemüse (z.B. Feldsalat, Postelein) funktionieren. Wichtig ist, dass die Pflanze in unserem Klima zu einem Zeitpunkt keimen kann, so dass sie auch noch reife Samen ausbildet, bevor es z.B. zu kalt wird. Tomaten könnten sich auch selbst versamen, keimen aber zu spät und können bis zum ersten Frost kaum noch Früchte ausbilden.

Vorteil von alleine aufgegangen Pflanzen ist, dass sie dann keimen, wenn der richtige Zeitpunkt für sie ist, und an einer Stelle, wo sie sich wohlfühlen. Dadurch sind sie von Haus aus robuster und pflegeleichter. Im Gegenzug muss man dafür in Kauf nehmen, dass die Pflanzen auch da aufgehen wo man sie nicht geplant hat. Falls das der Fall ist, kann man sie aber in der Regel noch verpflanzen.

In Zukunft möchte ich vor allem Feldsalat und Postelein versamen lassen. Die keimen eh erst, wenn es kälter wird und die Beete wieder leerer werden. Bei Sonnenblumen bin ich gespannt, ob sie dieses Jahr wieder ihren Weg in unseren Garten finden. Und bei allem anderen beobachte ich mal was passiert.

selbst versamende Pflanzen

Vieles ist möglich

Pro und Kontra

Die Direktsaat macht den geringsten Aufwand, muss aber nicht immer von Erfolg gekrönt sein. Bei der Anzucht ist es möglich, für optimale Keimbedingungen zu Sorgen (v.a. Temperatur und Feuchtigkeit). Außerdem kann man auch frostempfindliche Gemüsearten vor den Eisheiligen säen und hat dann einen Wachstumsvorsprung, so dass man früher ernten kann.

Neben dem reduzierten Arbeitsaufwand hat die Direktsaat den Vorteil, dass die Pflanzen keinem Umzugsstress ausgesetzt, somit robuster und ab einer gewissen Größe weniger attraktiv für Schnecken sind. Dafür braucht man länger Platz im Beet. Die kleinen Pflänzchen müssen bei uns länger vor Vögeln geschützt werden. Falls die Samen doch nicht keimen oder die jungen Keimlinge von Schnecken gefressen wurden, steht das Beet erstmal leer.

Die Anzucht im Sommer ist weniger aufwändig als im Frühjahr. Im Sommer ist es draußen warm und hell genug. Man braucht also nur etwas Platz im Garten für die Anzucht. Im Frühling von März bis Mitte Mai braucht man für die Anzucht ein helles Fenster und eventuell eine Pflanzenleuchte. Vor März ist eine Pflanzenleuchte wahrscheinlich unverzichtbar. Ab April kann dann auch ein Gewächshaus als Anzuchtstation dienen, wenn es frostfrei ist. Ab Mitte April standen bei mir letztes Jahr fast alle vorgezogenen Pflanzen im Gewächshaus. Nur bei Paprika und Tomate war ich noch etwas vorsichtig.

Saatabstand

Bei der Direktsaat, kann man entweder enger säen und dünnt dann auf den richtigen Abstand aus, sobald der Platz eng wird oder man sät gleich im richtigen Abstand. Bei größeren Samen, z.B. Radieschen, funktioniert das von Hand sehr gut. Als Alternative kann man Saatbänder verwenden. Das hat bei mir aber letztes Jahr nicht so gut geklappt. Außerdem hat man ein Lücke in der Pflanzreihe, wenn ein Samen nicht aufgeht. Ich werde in Zukunft lieber enger säen. Von vielen Gemüsearten kann man auch die zarten, jungen Blätter als Babyleaf verwenden (z.B. Spinat, Kohl, Radieschen, Karotten, Mangold). Es ist also auch beim Ausdünnen nichts verloren.

Auch bei der Anzucht kann man sich überlegen ob man zunächst enger sät und dann die einzelnen Pflänzchen in größere Töpfe pikiert, oder ob man gleich pro Topf nur einen Samen setzt. Auch wieder eine Frage des Platzbedarfs.

So mache ich es

Das Hauptargument für eine Anzucht ist für mich, dass man nicht so lange Platz im Beet braucht. Im Sommer möchte ich auf jeden Fall Lücken von geernteten Pflanzen mit hauptsächlich selbst vorgezogenen Setzlinge schließen.

Im Frühjahr möchte ich auch einiges in Direktsaat (Rosenkohl, Brokkoli, Fenchel, Grünkohl) probieren, werde aber zum Vergleich und zur Sicherheit parallel auch ein paar Setzlinge vorziehen. Ich probiere auch, ob es Sinn macht, beim Vorziehen eng zu säen und dann direkt ins Beet zu pikieren. So spare ich mir einen Arbeitsschritt und brauche nicht viel und nicht lange Platz auf der Fensterbank. Das könnte vor allem im Frühjahr Sinn machen, wenn es draußen noch recht kalt ist und eine Keimung bei Direktsaat sehr lange dauern würde. Und so weiß ich, dass der Samen gekeimt hat.

Was letztes Jahr gut geklappt hat, werde ich auch dieses Jahr wieder direkt säen: Schnittsalat, Kerbel, Petersilie, Asia-Salat, Feldsalat, rote Beete, Mangold, Buschbohnen, Zuckerschoten, Kohlrabi. Vor allem bei Gemüsearten mit recht großen Keimblättern, die eindeutig von wild aufgehenden Beikräutern unterschieden werden können, hat die Direktsaat gut geklappt. (z.B. Kreuzblütlern (Kohl, Radieschen) und Gänsefußgewächsen (rote Beete, Mangold))

Letzendes werde ich im Sommer so wie es passt entscheiden, ob ich direkt säe oder doch vorziehe. Man weiß ja auch nie, wie das Wetter wird und welche Krankheiten oder Schädlinge den Pflanzen zu schaffen machen.

Direktsaat, Anzucht oder Setzlinge? – Ich suche gerade den besten Weg für mich.

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