Kleiner Samen Hoffnung

Hoffnung, das können wir bei der aktuellen Corona-Lage brauchen. Da kommt uns der Frühling gerade recht. Überwinterte Pflanzen erwachen wieder zum Leben und aus kleinen Samen wachsen stattliche Pflanzen heran, die uns unter anderem Blätter, Blüten, Früchte und Schatten schenken – Ein Wunder der Natur.

Um diese kleinen Samenkörner soll es in diesem Artikel gehen. Das Vorziehen im Haus hat schon ganz gut geklappt. Die Samen von Tomaten, Paprika und Eissalat haben problemlos gekeimt. Die Direktsaat ins Freiland war teilweise noch nicht so erfolgreich. Deshalb bin ich der Frage nachgegangen, was denn eigentlich in so einem Samenkorn vor sich geht, bis daraus die ersten Blätter entstanden sind. Mit diesem Wissen ist es dann auch einfacher zu verstehen, was schief gelaufen ist und was ich in Zukunft besser machen kann. Eigentlich hört sich das Säen total einfach an: Auf die richtige Saattiefe achten, feucht und warm halten und sobald der Same gekeimt ist braucht der Keimling ausreichend Licht. Beim ersten Versuch war es aber nicht immer einfach diese Bedingungen einzuhalten.

Samenvielfalt

Das unscheinbare Samenkorn hat es ganz schön in sich

Ein Samenkorn ist lebendig und befindet sich in einer Art Dornröschenschlaf, der Keimruhe, bis es von den richtigen Umweltbedingungen wach geküsst wird. Dennoch finden im Samenkorn Vorgänge statt, die eine Keimung vorbereiten. Während der Keimruhe hat das Samenkorn einen geringen Wassergehalt und eine hohe Widerstandskraft gegen Kälte und Hitze.

Im Samenkorn ist schon der fertige Keimling, er wartet nur auf den richtigen Moment, um loszulegen.

Hier seht ihr eine aufgeschnittene trockene Bohne. Die Bohne besteht aus zwei dicken, weißen Hälften, den Keimblättern. In ihnen befindet sich bereits der fertige Keimling, bestehend aus Keimwurzel, Keimstängel und den ersten Laubblättern. Die Keimblätter enthalten die Nährstoffe, die der Keimling für seine erste Wachstumsphase benötigt bis er selbst Photosynthese betreiben kann.

Saatguthaltbarkeit und Lagerung

Man kann sich ein Samenkorn als Organismus mit einem verlangsamten Stoffwechsel und sehr schwacher Atmung vorstellen. Die Atmung kostet Energie. So nimmt die Energie im Samenkorn mit der Zeit ab. Werden Samen unter günstigen Bedingungen gelagert, bleibt die Atmung schwach und sie haben noch genug Energie um zu keimen, sobald die Keimbedingungen (z.B. Wärme und Feuchte) erfüllt sind. Werden Samen hingegen schon unter Bedingungen, die nahe an den Keimbedingungen sind, gelagert, so wird ihnen vorgetäuscht, dass es bald mit der Keimung losgeht. Der Stoffwechsel nimmt an Fahrt auf, die Atmung steigert sich und die Samen brauchen unnötig viel Energie. Im ungünstigsten Fall ist die Energie dann schon aufgebraucht sobald die Bedingungen zum Keimen wirklich erfüllt sind. Statt zu einer prächtigen Pflanze zu werden, bleibt dann das leblose Samenkorn im Boden zurück. Auch bei sehr langer Lagerung bei günstigen Lagerbedingungen ist die Energie im Samenkorn irgendwann verbraucht und es ist nicht mehr keimfähig.

Die keimungsvorbereitenden Prozesse im Samenkorn benötigen Energie. Irgendwann ist die Energie im Samenkorn so weit verbraucht, dass es nicht mehr die genug Kraft hat um zu keimen. Deshalb sind Samen auch nicht unbegrenzt keimfähig und haltbar. Die Keimfähigkeit nimmt sozusagen durch natürliche Alterung ab. Diese natürliche Alterung kann man verlangsamen, indem man die Samen kühl, trocken und dunkel lagert. Dieser Zustand ist weit weg von den nötigen Bedingungen, die eine Keimung starten würden. Dadurch bleibt das Samenkorn in seinem Dornröschenschlaf.

Das Mindesthaltbarkeitsdatum auf dem Samentütchen heißt nicht, dass gar kein Samenkorn mehr keimt. Der Anteil an keimfähigen Samen ist nur noch gering, deshalb lohnt sich eine Aussaat gegebenenfalls nicht mehr. Israelischen Forschern ist es 2005 sogar gelungen einen 2000 Jahre alten Dattelsamen zum Keimen zu bringen

Schritte der Keimung

Das Samenkorn wird aus seinem Dornröschenschlaf geweckt, sobald die Umweltbedingungen günstig sind und ein erfolgreiches Wachstum versprechen. Sind die Umweltbedingungen günstig werden Enzyme aktiviert, die die gespeicherten Nährstoffe aktivieren. Die Keimung beginnt. Die Keimbedingungen können sehr unterschiedlich sein: Manche Samen benötigen erst einen Kälteeinfluss, bevor sie beim nächsten Wärmeeinfluss keimen (Kaltkeimer). Das sorgt dafür, dass sie erst im nächsten Frühjahr keimen und nicht schon vor dem Winter. Im Winter würden sie erfrieren. Manche Samen keimen nicht, wenn es zu warm ist, weil die Pflanzen das nicht vertragen würden. Die Keimung kann durch Licht ausgelöst oder auch gehemmt werden (Licht- und Dunkelkeimer). Ich finde, die Samen haben mit der Zeit ein wirklich schlaues System entwickelt, um das Überleben ihrer Art zu sichern.

In den ersten 12-24 Stunden ist vor allem Wasser wichtig, dass das Samenkorn aufquellen kann. Die Samenschale platzt auf und die Keimwurzel kann in den Boden wachsen, auch hier ist ein feuchter Boden wichtig, dass der Keimling mit seiner kurzen Wurzel einfach Wasser aufnehmen kann und nicht gleich vertrocknet. Sobald die ersten grünen Blätter sichtbar sind, kann der Keimling Photosynthese betreiben und sich selbst mit Energie versorgen. Dafür ist nun neben Wasser und den Nährstoffen im Boden auch Licht nötig.

Störungsfaktoren bei der Keimung

Auch wenn das Samenkorn nur keimt, wenn die Keimbedingungen erfüllt sind, kann es trotzdem passieren, dass das Wetter oder andere Umstände dazu führen, dass der Keimling abstirbt: noch im Samenkorn oder, wenn es angefangen hat zu keimen.

  • zu heiß: ab 45°C über mehrere Stunden sterben die meisten Keimlinge ab. Salatkeimlinge sind sogar noch empfindlicher.
  • zu kalt: Keimlinge kälteempfindlicher Pflanzen (z.B. Paprika und Tomaten) erfrieren bei Frost und das Wachstum stoppt bei zu kalten Temperaturen.
  • zu trocken: die ersten Wurzelausläufer sind noch sehr klein und können kaum Wasser aufnehmen. Ist die Erde nicht ausreichend feucht, vertrocknen sie. Vor allem bei Lichtkeimern ist diese Gefahr nicht zu unterschätzen. Die oberste Erdschicht trocknet vor allem an heißen Tagen sehr schnell aus.
  • Boden zu grob: die ersten kleinen Wurzelausläufer finden keinen Halt, um schnell Wasser aufzunehmen. Außerdem hat grobe Erde zu wenige Poren, um ausreichend Wasser aufzunehmen und dem Keimling zur Verfügung zu stellen.
  • Boden zu dicht oder zu nass: Das Samenkorn bekommt nur schwer Sauerstoff, die Keimvorgänge geraten ins stocken, das Samenkorn erstickt.
  • Keimhemmung: die Keimbedingungen sind nicht erfüllt.

Beim Säen kann schon einiges schief gehen, aber intuitiv macht man das meiste schon richtig. Wahrscheinlich sollte man sich einfach nicht so viele Gedanken machen. Ich habe mich zum Beispiel total verrückt gemacht wegen der Saattiefe. Für jedes Gemüse steht etwas anderes auf dem Samentütchen. Wie soll man sich das nur merken? Muss ich das genau ausmessen? Kommentar meiner Mama: „Früher hat man die Samen einfach in die Erde gesteckt und es ist etwas draus geworden.“ In Kombination mit dem Grundprinzip „Je kleiner der Samen, desto weniger Bedeckung“ hat man es doch viel einfacher, als immer genau die Samentiefe zu prüfen.

Was ist bei mir nicht optimal gelaufen

  • Ich habe versucht alles richtig zu machen, aber wie bereits erwähnt ist das gar nicht so einfach. Nicht alles hat wie gewünscht geklappt. Aber ich lerne daraus und mache es das nächste Mal besser.
  • Ich habe Salat ins Gewächshaus gesät. Bei der Anzucht im Haus hat der Salat bereits nach zwei Tagen gekeimt, im Gewächshaus hat sich nach drei Wochen noch nichts getan.
    • zu heiß: Ich habe gesät als es eine Woche sonnig bei 20°C war. Im Gewächshaus hatte es tagsüber schnell über 40°C. Da Salat als Lichtkeimer mit einem feinen Samenkorn nur sehr wenig mit Erde bedeckt war, hat das Samenkorn vermutlich einen Großteil der Hitze abbekommen.
    • zu trocken: der Gewächshausboden hatte noch keine Grundfeuchte, besonders die obere Erdschicht ist sehr schnell ausgetrocknet. Sollten die Samen gekeimt haben, könnte es sein, dass der Keimling gleich wieder vertrocknet ist. Kohlrabi und rote Beete habe ich zeitgleich gesät. Ihre Samenkörner sind größer und wurden somit tiefer gesät. Sie haben problemlos gekeimt.
      • ⏩Das nächste Mal säe ich im Freiland oder Gewächshaus lieber wenn es bedeckt ist oder zeitnah regnet, dass die Erdoberfläche nicht so leicht austrocknet. Um die Feuchte besser zu halten, hilft es auch die frische Saat mit einem Vlies abzudecken.
    • Boden zu grob: Die Erde, mit der wir das Gewächshaus befüllt haben, neigt schnell zur Klümpchenbildung und Verdichtung. Die ersten Wurzeln des Keimlings könnten also auch Probleme gehabt haben Halt zu finden und schnell Wasser aufzunehmen.
      • ⏩ Mit der Zeit wird bei richtiger Bewirtschaftung nach den Prinzipien der Permakultur die Erde fruchtbarer und feinkrümeliger. Bis dahin muss ich den Bereich des Bodens, auf dem ich säen möchte, vorher sieben. Oder ein paar cm mit Aussaaterde oder reifem Kompost bedecken.
  • Ich habe viele Blumen gesät. Alles Lichtkeimer, die nur wenig mit Erde bedeckt wurden. Gesät habe ich in Aussaaterde, die total trocken war. Beim ersten Versuch vorsichtig zu gießen, wurde ein Teil der Samen mit der oberen Erdschicht gleich wieder weg gespült. Und die Erde darunter war immer noch trocken.
    • ⏩ Die Erde, in die man säen möchte, muss man vorher schön durchfeuchten und auflockern, dass das Gießwasser schnell versickern kann
    • ⏩ Außerdem sollte ich mich noch nach einer feineren Gießmethode umschauen und mir beim Gießen mehr Zeit lassen.
  • In das Hochbeet habe ich mit Saatbändern Salat und Kerbel gesät. Der Salat hat nur sehr dürftig gekeimt. Ob der Kerbel gekeimt hat, weiß ich nicht, weil ich erstens nicht weiß wie er aussieht und zweitens total viel verschiedenes keimt, das ich bestimmt nicht gesät habe (Beikraut).
    • Vögel: Die Vögel sind Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite fressen sie so manchen ungebetenen Gartengast, auf der anderen Seite sind sie immer auf der Suche nach Feuchte und wühlen dabei in unseren Beeten rum. Sogar unter meine improvisierte Abdeckung mit einer alten Duschabtrennung auf dem Hochbeet sind sie geschlüpft und haben die Saatbänder rausgepickt, die daraufhin bei den warmen Temperaturen schnell ausgetrocknet sind. Ob die Vögel auch die Samen stibitzt haben, weiß ich nicht. Durch das Verwühlen des Beetes habe ich auch keine schönen Saatreihen mehr.
      • ⏩ Frisch Gesätes werde ich in Zukunft immer mit Vlies abdecken.
      • ⏩ Zusätzlich werde ich mir etwas überlegen, um die Vögel abzuschrecken (z.B. Flatterbänder aus Alufolie) bis die Pflanzen groß genug und fest verwurzelt sind, um gelegentliche Pick-Attacken zu überstehen.
  • Saatband: Ich habe Saatbänder gemacht, so dass ich gleich im richtigen Abstand säen konnte. Das spart Saatgut und später Zeit, weil das Ausdünnen der Pflänzchen wegfällt.
    • ⏩ Wenn man eh so ein ungeduldiger Gartenneuling ist wie ich und auch noch nicht weiß, wie alles nach dem Keimen aussieht, ist es ratsam erstmal dichter zu säen. Vor allem wenn so viel unerwünschtes Beikraut mit dazu aufgeht. So kann man denke ich besser erkennen, ob aufgeht, was man gesät hat. Laut meiner Mama nehmen die unerwünschten Beikräuter mit den Jahren zum Glück ab.
    • ⏩ Auch hier habe ich die Erde vor dem Säen nicht ausreichend angefeuchtet. Außerdem sollte man das Saatband auch erst kräftig angießen bevor man es mit Erde bedeckt und nochmals gießt. Das sorgt für einen besseren Kontakt der Samen mit dem Boden.
    • ⏩ Zusätzlich habe ich im Haus ein paar Samen von den Gemüsearten und Blumen gesät, von denen ich noch nicht weiß, wie sie als Keimlinge und Jungpflanzen aussehen. Zum einen um zu sehen wer wie schnell keimt und zum anderen um zu sehen, wie sie nach dem Keimen aussehen und sich entwickeln. Ich finde dieses Wissen ist vor allem für das Gärtnern mit der Permakultur wichtig. Man versucht, möglichst viel aus der Natur zu verwenden, und es kann auch Arbeit sparen, Gemüse wie z.B. Feldsalat selber aussamen zu lassen. Damit man diese gewünschten, spontan erscheinenden Pflanzen möglichst früh als nützlich identifizieren kann und sie nicht als unerwünschtes Beikraut entfernt, sollte man wissen, wie sie in ihrem frühen Entwicklungsstadium aussehen.
  • Direktsaat ins Freiland: Solange ich noch so ungeduldig bin und so viel unerwünschtes Beikraut in meinen Beeten keimt, werde ich wohl nun doch mehr Gemüse im Haus vorziehen als ursprünglich geplant. Die Keimbedingungen können im Haus einfacher erfüllt werden und die Keimung geht schneller.

Auch wenn es sich jetzt nach viel anhört, was irgendwie schief gelaufen ist: Ich bin froh, dass ich diese Fehler gemacht habe. Ich habe bestimmt viele der Tipps, die ich jetzt beherzigen werde, schon irgendwo gelesen, aber ich habe sie nicht verinnerlicht, weil ich noch nichts damit anfangen konnte. Jetzt ist das anders.

Ich säe am Wochenende fleißig weiter. Zucchini und Kürbis sind jetzt dran.

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